Blog: Psychedelika – neue Wege in der Psychotherapie

Psychoaktive Substanzen sind Technologien mit denen man in das Gehirn eingreifen und das Bewußtsein verändern kann. Manche dieser Substanzen sind nicht zu beherrschen wie z.B. Heroin, Kokain und auch Alkohol. Sie machen süchtig und abhängig - bekannt als Party- und Freizeitdrogen, mit zum Teil gefährlichen, bzw. tödlichen Folgen. Drei Substanzen stehen derzeit nun im Mittelpunkt einer intensiven medizinischen Forschung. Psilocybin (Wirkstoff in halluzinogenen Pilzen), Ketamin und LSD, 1943 erfunden durch den Schweizer Chemiker Albert Hofmann. 1971 wurde ein weltweites Verbot durch die Politik erlassen, möglicherweise aus Unwissenheit. Erst in den 90 iger Jahren beginnen neue Forschungsaktivitäten im medizinischen Bereich. Führend dabei die Schweiz und USA.

Diese drei zuletzt genannten Substanzen sind nicht suchterzeugend, wie zahlreiche Studien nachweisen, allerdings ist das soziale setting (wo und mit wem, d.h. in welchem Rahmen die Substanz eingenommen wird), die medizinische und therapeutische Begleitung einer Therapie von größter Wichtigkeit.

Im Fachblatt "JAMA" berichtet eine US-Forschungsgruppe, dass bereits eine Einmaldosis Psilocybin ausreichte, um depressive Symptome bis zu 6 bis 12 Monate lang zu lindern. Weiterhin berichtet eine wachsende Zahl an Studien über die mögliche Linderung von Depression, Zwangsstörungen, Suchterkrankungen und hilfreich in der Traumatherapie. Aktuelle Foschungsergebnisse gehen davon aus, dass 60 - 70% der Menschen nach einer einmaligen Anwendung eine bedeutende Reduktion depressiver Symptome wahrnehmen können. Ergebnisse belegen auch, dass Psychedelika das Wachstum und die Verknüpfung von Nervenzellen im Kortex anregen. Eine anhaltende Depression führt z.B. dazu, dass neuronale Verbindungen verkümmern. Studien weisen nach, dass Psilocybin hier stimulierend wirkt, das heißt, eine Reduktion oder Verschwinden von Depressionen oder Ängsten ist möglich. Es findet eine Art Umorganisierung im Gehirn statt. Neue Vernetzungen und Verknüpfungen bilden sich. In diesem Zusammenhang wird auch von Neuroplastizität gesprochen. Klienten kommen in eine Therapie mit dem Ziel, sich zu verändern, von Depressionen oder Ängsten befreit zu werden, sich von Konditionierungen, Glaubenssätze zu lösen. Ein Veränderungsprozess soll angestoßen werden. Neue Hirnvernetzungen bilden sich. Verbindungen, die normalerweise nicht miteinander kommunizieren. Ein generelles Prinzip von Psilocybin scheint zu sein: Es verjüngt unser Gehirn insofern, als es wieder formbar wird, wie einst in der Kindheit. Auch Neurowissenschaftler Frederick S. Barrett von der Johns Hopkins University in Baltimore beschäftigt sich seit Jahren damit, ob Pilze auch gegen Traumata helfen können: “ Durch die Therapie mit Psilocibin sehen wir, dass Patienten vergangene traumatische Erlebnisse besser einordnen können, oder die Art und Weise wie sie ihre Rolle in der Welt sehen. Wir gehen aktuell durch unsere Forschungsergebnisse davon aus, dass der Pilzwirkstoff Psilocibin neue Verbindungen im Gehirn schaffen kann.”

Durch eine Therapie kann sich auch eine Emotionsverarbeitung verändern, oder man kann sich selbst in der Tiefe besser kennenlernen, ein Prozess, der sich nach mehreren Wochen zeigen kann. Die negativen Emotionen werden runtergefahren und die Positiven angehoben. ProbandInnen berichten, wie sie aus intensiven Denkmuster und aus Gedankenspuren ausbrechen konnten. Studien berichten weiter, wonach zwei Psilocybin-Sitzungen den Erfolg der kognitiven Verhaltenstherapie deutlich steigern. Aussagen von Klienten einer Studie der Universität Basel: „...habe Erfahrungen gemacht, die ich nie gemacht habe – kann mich besser verstehen – habe andere Bewußtseinszustände erfahren, ja es setzt einen Prozess in Gang, der neue Perspektiven eröffnet, der Werte verschiebt.“ Erfolgsautor Bas Kast:”…erlebte nach einer Anwendung einen Zustand, der tiefer und tiefer in mein Unbewußtes vordringt, in Regionen meiner Psyche, von denen ich nicht gedacht hätte, dass sie überhaupt erreichbar wären….die Sitzung fühlte sich an, wie ein paar Jahre Psychotherapie in vier, fünf Stunden gepackt, und erstaunlicherweise war ich dabei patient und Therapeut in einem.” Nach umfangreichen Selbsterfahrungen kann auch ich von einschneidenden veränderten Bewußtseinszuständen berichten, möglicherweise einem Zugang zu dem Wesen, das ich wirklich bin.

Fachmedien sprechen bereits von “Psychologischer Revolution” in der Psychotherapie. Der Schweizer Psychiater und Psychotherapeut Gregor Hasler von der Universität Fribourg (CH): "Das Interesse in der psychiatrischen Forschung ist bei Psilocybin enorm groß und es gibt immer mehr klinische und präklinische Forschungsgruppen, die sich mit Psychedelika befassen." (siehe Interview mit Prof. Hasler)

https://www.youtube.com/watch?v=zmzs8XVG2qI

Allerdings sollte auch klar sein, dass diese Substanzen keine Wundermittel sind, die einen von psychischen Wunden heilt, sondern eher ein Türöffner für neue Perspektiven um wichtige Gefühle freizusetzen. Es ist dringend notwendig, dass die Erforschung dieser Substanzen weitergeht und diese nicht öffentlich verteufelt werden, wie häufig in der Politik mit Halb- oder Nichtwissen argumentiert wird. Eine Pilztherapie ist kein Allheilmittel, manchen kann sie aber durchaus dabei helfen, traumatische Erlebnisse aus der Vergangenheit zu verarbeiten. Letztendlich ist diese Thematik auch eine Politische. Möglicherweise klaffen Wahrnehmung und Wirklichkeit auseinander. Denn Unwissenheit ist das Problem, nicht die Substanz. Nebenbei: Jamaika ist bisher das erste Land, in dem die Therapie mit Psilocibin offiziell zugelassen ist. In USA stehen einige Staaten kurz vor einer Zulassung, in Europa besteht noch “Verbotskultur”.

“Es gibt Erlebnisse, über die zu sprechen die meisten Menschen sich scheuen, weil sie nicht in die Alltagswirklichkeit passen und sich einer verstandesmäßigen Erklärung entziehen. Damit sind nicht besondere Ereignisse in der Außenwelt gemeint, sondern Vorgänge in unserem Inneren, die meistens als bloße Einbildung abgewertet und aus der Erinnerung verdrängt werden.”

Albert Hofmann

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