Blog: Die Angst vor der Angst


Angst ist eine unserer grundlegenden Emotionen, die als Schutzmechanismus einen wichtigen Beitrag zur Evolution des Menschen leistete, Angst ist aber auch der größte Energieräuber den es gibt. Wir verfügen über ein natürliches „Alarmsystem“, das uns dabei hilft, angemessen auf potenziell gefährliche oder bedrohliche Situationen zu reagieren. Gefühle der Angst kennt daher fast jeder. Angst vor realen Gefahren ist demnach auch sinnvoll. Typisch für Ängste ist die häufig damit verbundene Vermeidung von potenziell gefährdenden und gefährlichen Situationen. In den Rankings der Ängste variieren die Posten: Klima, Krieg, Krankheit, Pandemie, Migration, Kriminalität, Inflation etc. Besonders stressen die hohen Ansprüche, die man an sich selbst hat. Die Neurobiologen gehen davon aus, dass das größte Bedürfnis das wir haben ist Sicherheit. Wir haben ein unglaublich starkes Sichtheitsbedürfnis. Doch die vollkommene Sicherheit gibt es nicht, auch wenn uns täglich die “besten” Versicherungen angeboten werden. Laut aktuellen Statistiken (RKI) hat sich das Auftreten von Angstsymptomen seit 2021 verdoppelt. Es gibt ein persisches Sprichwort: “Wer viel Geld hat, hat Angst. Wer wenig hat, hat Sorgen.”

Angst provoziert das, wovon wir Angst haben. Angst auch eine Art Flucht vor dem Alltag, vor der eigenen Sterblichkeit. Angst ist häufig auch eine Mangelerscheinung für etwas, das nicht da ist. Jede Wut ist auch eine Manifestation von Angst. Die Ursache von Angst ist nur die gedankliche Vorstellung, nicht die reale Situation an sich. Der Stressmacher kann erbarmungslos sein. Angstepidemie ist auf dem Vormarsch. So wundert man sich nicht, dass der US-Pharmaverband 18 Medikamente gegen Angststörungen in der Entwicklung hat. Der Konsum von Psychopharmaka, die gegen Angststörungen helfen sollen, stieg in den letzten Jahren rasant an. Die Angst hat also auch einen Markt. Angst bei Menschen auszulösen, hat auch Vorteile. Nicht nur, was den Konsum von Medikamenten betrifft. Verängstigte Menschen sind auch leichter zu überreden, gewisse Dinge zu konsumieren. Angstbesetzte Menschen lassen sich auch leichter regieren.

“Angst essen Seele auf”, so lautete das Melodram des Regiesseurs Rainer Werner Fassbinder. Angst frisst sich buchstäblich in die Seele, durch das Gehirn. Auch Medien wirken als Angstverstärker, durch Beiträge auf allen Kanälen. Man denke an die effektive Angstverbreitung durch die Medien während und nach der Pandemie. Der ständige Appell an das Angstzentrum kann Menschen zu perfekten Untertanen degradieren. Um bei den Medien zu bleiben - sobald sie das Interesse verlieren ständig die Angstthematik zu befeuern, nicht mehr täglich berichten, wird die Aufregung verschwinden und die Angst wird weniger.

Doch wie wird man die Angst los? Es geht nicht darum, Angstfreiheit zu erzeugen, sondern um das Gegenteil. Man sollte Angst zulassen. Man könnte mit der Angst kommunizieren, akzeptieren. "Bin ich mir zu hundert Prozent sicher, dass der Gedanke, der die Angst erzeugt wahr ist"? Angst kann bearbeitet werden, indem man sich mit ihr konfrontiert - sich der Angst stellt und nicht zurückzieht und klein macht. Wenn Sie dem Stressmacher Angst erstmals gegenüberstehen, mag er groß und unheimlich aussehen, doch wenn Sie ihn aus einer anderen Perspektive, anderer Entfernung ansehen, erkennen Sie, wie unbedeutend er in Wirklichkeit sein kann. Weitere Methoden um Ängste zu überwinden: Entspannungsübungen wie Meditation, Bewegung, Atmung.

Während wir in diesen Unruhezeiten, die auch viel mit Angst besetzt ist, auf die große Frage - wie wird es weitergehen? - eine Antwort suchen, befinden wir uns möglicherweise im Schatten des Apollotempels in Delphi, auf dem die Inschrift steht “Erkenne dich selbst.” Vielleicht auch eine Aufforderung um sich die Zeit im Warten auf die Zukunft zu vertreiben und die Angst zu akzeptieren. Vielleicht die Bewertung der Angst zu verändern.

„Angst ist für das Überleben unverzichtbar.“ (Hannah Arendt)

( Interview mit Ralph Wilms - https://transpersonal.ch/unsere-videos/ )


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